Fächerverbindendes Lernen 2016 - Projekt Syrien

Am Montag, dem ersten Tag unseres Projektes, starteten wir mit einem theoretischen Teil. Wir befassten uns mit dem Land Syrien und wie die Situation dort vor dem Krieg war. So recherchierten wir über Wirtschaft, Kultur, Geographie und die politische Ordnung. Zu unserer aller Überraschung ähnelte Syrien in Teilen Deutschland mehr, als wir zuvor annahmen – so gab es vor dem Krieg große Städte wie Damaskus, Aleppo oder Homs, mit breiten, z. T. sechsspurigen Straßen, die von hohen Häusern gesäumt waren. Während unserer Recherche taten sich Fragen auf, welche wir uns für unsere Treffen mit den geflüchteten Menschen notierten, z.B. inwiefern es Unterschiede und Übereinstimmungen zwischen den beiden Schulsystemen gibt oder welches Wetter die Flüchtlinge als angenehmer empfinden: deutsches oder syrisches.

Im Weiteren schauten wir uns die Konfliktlage in Syrien an. Wie kam es zu dem (Bürger-)Krieg und wer kämpft für was und gegen wen? Dass es sich inzwischen um eine völlig unübersichtlich gewordene Situation handelt, wurde uns schnell bewusst. Allein die Tatsache, dass es sechs große Gruppen (die Gruppe um den Diktator Assad, die freie syrische Armee, die syrischen Kurden im Norden des Landes, die Kämpfer für den Islamischen Staat etc.) gibt und eine unzählbare Anzahl an kleineren, die gegeneinander Krieg mit unterschiedlichsten Zielsetzungen führen,zeigte dies. Auch die dadurch entstandenen Konflikte zwischen den Weltmächten USA, Russland und China waren Thema bei uns.

Der Bericht „In den Kerkern Assads" (ARD-Mediathek vom 03.07.2011), in dem ein junger Syrier von den qualvollen Zuständen, die in den Gefängnissen des Regimes herrschen, berichtete, lenkte unseren Focus auf die Menschen, die vor Ort in Syrien leben bzw. aus Syrien geflüchtet sind.

Der Bericht bestärkte uns darin, es in unseren Begegnungen mit den Geflüchteten ihnen zu überlassen, ob und was sie von ihrer Flucht erzählen wollten, denn es wurde uns stark bewusst, dass die mit der Flucht verbundenen Schicksale insgesamt eine sehr sensible und heikle Problematik der Betroffenen darstellen.

Montagabends besuchten wir das Kolpinghaus in Koblenz. Dort leben zurzeit 8 junge Flüchtlinge zwischen 16 und 18 Jahren aus Ländern wie Afghanistan und Syrien. Wir wurden von Herrn Reinemann, dem betreuenden Sozialpädagogen, durch das Haus geführt. Er stellte uns das pädagogische Konzept der Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen vor. Dazu gehört auch, dass die jungen Geflüchteten sich dort selber bekochen. Außerdem werden sie in ihrem Schulalltag bzw. bei der Suche nach einer geeigneten Ausbildungsstelle eng begleitet. Ein junger afghanischer Flüchtling erzählte uns von seiner Flucht und den Strapazen, die er dabei erlebte. Wiederum wurde uns klar, wie emotional diese Erinnerungen waren und wir alle waren sehr bedrückt, als wir uns von den Flüchtlingen verabschiedeten. Wir luden sie zu unserer Endpräsentation freitags in die Schule ein, damit sie einen Einblick in unsere Schule, aber auch in die Ergebnisse von der Projektwoche bekommen konnten.

Dienstags setzten wir morgens unsere theoretische Recherchearbeit fort. Wir informierten uns darüber, welche Anlaufstellen ein Flüchtling durchlaufen muss, wenn er in Deutschland angekommen ist. Zudem informierten wir uns über das Asylverfahren und welche verschieden Prüfpunkte es gibt, damit ein Flüchtling in Deutschland bleiben darf.

Nachdem wir dies abgeschlossen hatten, besuchte uns Herr Simon, der mittlerweile als ehrenamtlich Flüchtlinge unterstützt, mit drei syrisches Flüchtlingen bei uns in der Schule. Zwei junge Männer und eine Frau erzählten uns von deren Leben in Syrien, bevor der Krieg ausgebrochen war. Vor allem die Tatsache, dass Frauen wenige Rechte in Syrien haben und solche einfachen Dinge wie Fahrrad fahren ihnen verboten ist, traf uns sehr.

Herr Simon berichtete uns u. a. von den großen Problemen, eine psychologische Betreuung für die Flüchtlinge zu finden und von Wartezeiten von bis zu vier Monaten, bevor ein Termin mit einem Psychologen stattfinden kann. Insgesamt inspirierten uns diese Schilderungen für die Fragen, die wir in den nächsten Tagen Politikern verschiedener Parteien stellten. So stellten wir uns auch die Frage, ob geflüchteten Frauen in Deutschland genug Chancen und Möglichkeiten geboten werden, um sich zu emanzipieren.

Am nächsten Morgen trafen wir uns in der Carl-Benz Schule in Koblenz, um uns ein weiteres Beispiel für Integration in Koblenz anzuschauen. In einer BVJ-Klasse werden Flüchtlinge zusammen mit Schülern, die ihre Berufsschulreife nachholen, ein Jahr lang theoretisch und praktisch auf eine Ausbildung vorbereitet. Einige Flüchtlinge erzählten uns von ihren Berufswünschen wie Arzthelferin oder Bürokaufmann. Auch die Unterschiede zu den Schulen in ihrer Heimat schilderten sie. So mussten Mädchen in Afghanistan immer mit einem weißen Kopftuch in der Klasse sitzen, auch eine Schuluniform war Pflicht. Daran merkten wir, wie glücklich wir uns schätzen können, dass unabhängig vom Geschlecht alle Kinder und Jugendliche eine Schule besuchen dürfen und wir frei entscheiden können, was wir in der Schule tragen. Überrascht waren wir, wie gut die Schüler Deutsch sprachen, obwohl sie erst seit einem Jahr die deutsche Sprache lernten. Dies merkten wir auch, als sie uns die Werkstätten der Schule zeigten und uns mit Fachbegriffen die einzelnen Maschinen und deren Funktion erklärten. Abschließend beim gemeinsamen Eisessen in der Stadt erfuhren wir von den Jugendlichen, wie hoch mancher bürokratischer Schritt in Deutschland doch für sie ist, z.B. die Übersetzung und Anerkennung ihrer schulischen Dokumente und Ausbildungen.

Mittags verabschiedeten wir uns von den Schülern, unser nächster Termin waren Gespräche mit drei Stadtratsmitgliedern. Frau Laura Matorell von den Grünen, Frau Köbberling von der SPD sowie Herr Otto von der CDU beantworteten uns unsere Fragen zu Problemen und Herausforderungen zu der Integration von Flüchtlingen. Zum Beispiel benötigen viele Geflüchteten eine psychologische Betreuung, um die furchtbaren Fluchterlebnisse verarbeiten zu können. Hier besteht ein großer Handlungsbedarf, um den Menschen helfen zu können. Die Politiker konnten auf eigene Erfahrungen in der ehrenamtliche Arbeit zurückgreifen und uns zudem Einblicke in die Probleme von Ersthilfeeinrichtungen geben.

Die gesammelten Antworten der drei kommunalen Parteipolitiker stellten wir in einer Tabelle zum übersichtlicheren Vergleich zusammen.

Um unser Bild über die Integration vor Ort vervollständigen zu können, befragten wir am Donnerstag sowohl Schülerinnen und Schüler des Hilda- und Eichendorff-Gymnasiums sowie Passantinnen und Passanten in der Koblenzer Innenstadt. Unser Ergebnis war überwiegend positiv. Viele Schülerinnen und Schüler, ein größerer Teil der Passantinnen und Passanten waren ehrenamtlich tätig und wir stießen auf viel Toleranz und Hilfsbereitschaft. Als wir uns freitags die Interviews erneut anhörten, waren wir erneut sehr angetan, dass in Koblenz eine solch positive Stimmung gegenüber Flüchtlingen herrscht.

Am Ende der Woche erstellten wir abschließend die Präsentation zu den Ergebnissen, Eindrücken und Erlebnissen der Woche. Wichtig war für uns die Sammlung von Zitaten, einzelne Begriffe und Wörter, die uns während der Projektwoche unter die Haut gegangen waren und uns zum Nachdenken angeregt haben. Diese sammelten wir an einer Übersichtstafel. Aber auch die politische Situation in Syrien stellten wir dar, wir zeigten Fotos, die Gebäude, Denkmäler oder Straßenzüge in Syrien vor und während des Krieges zeigen und die damit die zerstörerische Kraft des Krieges dokumentieren.

Abschließend ist zu sagen, dass wir alle eine interessante Woche hatten, mit Eindrücken, die uns sehr berührt und zum Nachdenken angeregt haben. Die Woche haben wir nicht als Pflicht empfunden, sondern wir gingen sie mit Ehrgeiz an. Mit unserer Präsentation hoffen wir, auch andere Schüler und Schülerinnen sowie Erwachsene am Schulfest informiert und aufgerüttelt zu haben, damit unsere Projektwoche nicht nur uns für das Schicksal der geflüchteten Menschen sensibilisiert hat.

Bericht: Kim Lea Fislake

Zurück